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04.02.2016

Frank-Peter Kaufmann: Prüfungsbericht des Landesrechnungshofes zu Landesstiftungen

Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Um gleich an das anzuknüpfen, was mein Vorredner, der Kollege Dr. Hahn gerade gesagt hat: Ja, der Rechnungshof hat uns darauf hingewiesen, dass wir nicht alles richtig machen. Aber ich darf Gelegenheit nehmen, aus meiner Sicht auch gegenüber dem Rechnungshof zu sagen: Er macht auch nicht immer alles richtig bzw. er hat auch einen speziellen Blick auf die Dinge, und bisweilen muss man noch in eine andere Richtung schauen, um eine insgesamt sachgerechte Bewertung zu erzielen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Denn meine sehr verehrten Damen und Herren, zumindest aus unserer Sicht geht es bei Stiftungen und bei dem Thema insgesamt bei Weitem nicht nur um Geld. Das heißt, die Fragestellung, was die wirtschaftlichste Variante ist, wie man ein Kapital am besten verzinst und wie man es am besten nutzt, ist in diesem Zusammenhang eine wichtige Betrachtung, aber keineswegs die einzige. Für uns – das hat auch noch eng mit dem Geld zu tun – ist auch der zweite Aspekt wichtig: Ganz anders, als es gerade von der linken Seite des Hauses gefordert wurde, nämlich die Förderungen als Staatsausgabe durchzuführen, kommt es bei einer Stiftung immer darauf an, die Substanz zu erhalten, d. h. ein Kapital zu bewahren. Das ist – das wird Sie nicht wundern – aus Sicht der GRÜNEN sehr sympathisch. Dies ist nämlich ein Aspekt nachhaltiger Finanzwirtschaft, und das ist eines unserer Themen.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Deswegen: Stiftungen sind auf nachhaltiges Wirtschaften angelegt und insoweit uns auch sehr sympathisch.

Aber Stiftungen sind darüber hinaus natürlich auch angelegt als Instrument insbesondere der Bürgergesellschaft. Dass das den Sozialisten jedweder Prägung vielleicht weniger nahe steht, können wir durchaus verstehen.

(Zuruf der Abg. Janine Wissler (DIE LINKE))

Aber die Bürgergesellschaft ist durchaus aufgerufen, daran mitzuwirken. Das geschieht – das ist doch klar – sehr viel leichter und sehr viel besser über Stiftungskonstruktionen, als man es über Staatshandeln alleine erreichen würde.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Die Einheitsverwaltung ist nicht in allen Fällen der beste Förderer von Aktivitäten der Zivilgesellschaft.

Dass Stiftungen eine wichtige Funktion haben, wissen Sie doch auch.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Alle Parteien haben Stiftungen, um sozusagen genau in die Gesellschaft hinein zu wirken.

(Zuruf des Abg. Thorsten Schäfer-Gümbel (SPD))

Man könnte ja auch das anders organisieren. Aber genau das tun wir nicht, weil wir wissen, welchen Wert Stiftungen haben können.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, demzufolge ist, was der Kollege van Ooyen uns unterstellt hat oder dem Zustand der Stiftungen anhand der Großen Anfrage und den darauf gegebenen Antworten unterstellt hat, dass es allein darum gehe, das Budgetrecht des Parlaments auszuhöhlen,

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

natürlich großer Unfug, insbesondere in den Fällen, Kollege van Ooyen, in denen jährliche Zuführungen aus dem Landeshaushalt an die Stiftungen erfolgen.

(Zuruf des Abg. Hermann Schaus (DIE LINKE))

Denn darüber beschließen wir alle jedes Jahr. Insoweit ist es überhaupt kein Geheimnis, und es entzieht sich auch nicht unserer Entscheidung.

Ich kann nur noch einmal betonen: Das Positive der Stiftungen ist generell, dass sie substanzwahrend sind und insoweit genau nicht das tun, was ein jährlicher Haushalt logischerweise tut, nämlich die dort veranschlagten Mittel auch zu verausgaben.

(Zuruf des Abg. Willi van Ooyen (DIE LINKE))

Deshalb, verehrte Kollegin Alex, sind solche Rechnungen, wie Sie sie zum Teil aufgemacht haben, indem Sie sagten, wenn man das Geld, das man den Stiftungen zuführt habe, direkt ausgeben hätte, hätte man sehr viel mehr fördern können – sagen wir einmal –, zumindest zu kurz gegriffen.

(Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Denn das führt am Ende genau nicht dazu, dass noch Substanz übrigbleiben kann.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN –Zuruf des Abg. Timon Gremmels (SPD))

Meine Damen und Herren, meine Vorrednerinnen und Vorredner haben ja schon darauf hingewiesen: Wir sollten uns einmal die finanzwirtschaftliche Situation anschauen. Dafür nimmt man, so denke ich, als sinnvollen Index die festgestellten Umlaufrenditen von Inhaberschuldverschreibungen bzw. die Börsennotierungswerte von Bundeswertpapieren. Im Jahr 2000 – das ist noch nicht ewig her – betrug die Durchschnittsrendite 5,5 Prozent, aktuell beträgt sie 0,25 Prozent. Das sind noch 5 Prozent des damaligen Ertragswertes.

Im Jahr 2006 – um auf diese Randbemerkung einzugehen – waren beim Klinikum Gießen-Marburg 4 Prozent genau die Umlaufrendite, die in der Kalkulation stand.

Wir haben im Augenblick in der Tat eine Situation, in der der Finanzertrag des Kapitals nicht der ist, den man aus langfristiger Sicht erwarten konnte. Wir profitieren an vielen anderen Stellen davon, aber an dieser Stelle leiden wir sozusagen darunter.

Ich darf aber anmerken, dass wir die einfachen Aussagen, wie sie gerade wiederholt wurden und wie sie auch beim Rechnungshof anklingen, dass in solchen Zeiten kreditfinanzierte Ausgaben nicht unbedingt sinnvoll sind, wenn man sie anschließend anlegt, auch nicht so ganz stimmen. Denn wir haben vom Finanzministerium im Haushaltsausschuss schon gehört, dass wir im Augenblick für Kassenkredite negative Zinsen, d. h. zusätzliche Einnahmen kassieren. Je mehr Geld wir pumpen, desto mehr verdienen wir daran. Das heißt, es ist eine Art Bankgeschäft. Es ist allemal kein wünschenswerter Zustand und auch nicht das, was man erwarten kann.

So ist aber die gegenwärtige, die aktuelle Lage. Aus dieser Sicht ist der übliche Glaubenssatz, gepumptes Geld irgendwo anzulegen sei immer weniger sinnvoll, als darauf zu verzichten, sich Kredite zu verschaffen. Glaubenssätze stimmen nicht immer und aktuell insoweit auch nicht. Genau das muss man sich vor Augen führen.

Zweiter Punkt. Es gibt in Hessen noch mehr Stiftungen als die drei, die heute in Rede stehen. Wir haben sehr unterschiedliche Situationen, auch hinsichtlich der Erträge. Das Dilemma, zu einem möglichst hohen Kapitalertrag zu kommen und dabei ein möglichst geringes Risiko einzugehen, ist schon erwähnt worden. Dabei ist sicherlich das Risiko-Management ein ganz wichtiger Punkt.

Hessen hat auch noch Kapitalanlagen, die Erträge von immerhin bis zu 5 Prozent im Jahr bringen können, d. h. Erträge, die wir im Augenblick bei absolut risikofreien Papieren natürlich nicht erreichen. Das heißt, auch auf dem finanziellen Sektor ist das weitere Bearbeiten des Themas Stiftungen durchaus nicht völlig falsch.

Dass mir niemand etwas Falsches unterstellt: Das gilt ganz gewiss nicht für alle staatlichen Bereiche, aber in den Sektoren, wo wir in Richtung einer Bürgergesellschaft aktiv werden wollen oder wo wir sicherstellen wollen – zumindest zum Gründungszeitpunkt wahrscheinlich sogar in Konsens –, dass für eine bestimmte, definierte Aufgabe – und nicht für andere Zwecke, und sei die Not noch so groß – Mittel zur Verfügung stehen, ist eine Stiftung letztendlich auch ein nachhaltiges Finanzierungsmodell und eine geeignete Form, mit einem Problem umzugehen. Dieses Modell hat gerade in Hessen durchaus positive Lösungen gezeitigt.

Deshalb sagen wir, man sollte an allen Stiftungen festhalten und sollten vor allem das Kapital nicht in den Landeshaushalt zurückzuführen, wie es der Rechnungshof mehr oder minder deutlich vorgeschlagen hat. Wir halten das nicht für die richtige Lösung, sondern wir halten es für die richtige Lösung, die vorhandenen Stiftungen zu verbessern. Das ist zumindest bei einer der genannten Stiftungen schon geschehen. Die Ertragslage und auch die Managementlage, was das Kapital angeht, werden sich verbessern, und die ethischen Kriterien für eine Geldanlage sind erfüllt. Dies alles ist auf einem guten Weg und bei der Stiftung „Natura 2000“ schon umgesetzt.

Deswegen wollen wir hier deutlich machen: Es ist eine weiter währende Aufgabe, sich um die Stiftungen zu kümmern, aber es steht aus unserer Sicht nicht in Rede, sie tendenziell wieder aufzugeben und eine Finanzierung aus dem Landeshaushalt vorzunehmen. Gerade was die Landesstiftungen „Miteinander in Hessen“ oder „People like me“ angeht: Alle Beteiligten halten diese Projekte für gut. Außerdem sind – das sollte man auf die Kritik seitens der SPD-Fraktion noch erwähnen dürfen – Herr Quanz und Herr Ministerpräsident a. D. Eichel Mitglieder in den Gremien dieser Stiftungen. Insofern sind alle gesellschaftlich relevanten Gruppen, einschließlich der Parteien, beteiligt. – In diesem Sinne vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei dem BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und bei Abgeordneten der CDU))

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